Lasst die Zeit für euch arbeiten und arbeitet mit der Zeit!
Ich möchte euch ein Beispiel aus meiner Mediationspraxis in Unternehmen geben:
In einem Konflikt gingen E-Mails zwischen Kollegen hin und her und eskalierten immer mehr. Nachdem wir das in der ersten Sitzung thematisiert hatten, gab ich den
Kollegen die Aufgabe mit, sich die E-Mails noch einmal anzuschauen und Beispiele dafür rauszusuchen, wo Sie sich über den Umgangston der anderen Person geärgert hatten. Sie sollten sich
überlegen, weswegen die Kommunikation so daneben gegangen ist. Was habe ich geschrieben, was der andere, das misinterpretiert werden konnte? Als wir uns zur zweiten Sitzung trafen, gab einer der
Medianden ganz unumwunden zu, dass sich die Mails mit etwas Abstand doch ganz anders lasen - und gar nicht mehr so angreifend klangen, wie er sie in der Situation verstanden hatte.
Was kann man aus diesem Beispiel lernen?
1. Die Pause zwischen Mediationssitzungen kann viel zum Gelingen der Mediation beitragen. Denn die Beteiligten können noch einmal in Ruhe über die Themen
nachdenken, ohne den Druck der anderen Seite. Auch wenn man sich in einem unbegleiteten Konfliktgespräch befindet, kann es helfen, dieses zu pausieren, damit es alle Beteiligten "sacken lassen
können".
2. Die Pause ist besonders erfolgreich, wenn die Medianden "Hausaufgaben" aufgetragen bekommen. Denn so wird den Gedanken bereits eine Richtung gegeben. Solche
"Hausaufgaben" kann man sich natürlich auch selbst aufgeben, um gezielt über bestimmte Aspekte nachzudenken.
3. Zeitlicher Abstand schafft auch emotionalen Abstand. Sachverhalte erscheinen nach einiger Zeit oft in einem anderen Licht. Dies zeigte sich auch im
vorangegangenen Beispiel.