Methodensammlung Bürgerbeteiligung

Hier finden Sie eine Auswahl an Methoden zur Bürgerbeteiligung.

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Methodensammlung für die Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung

Im Rahmen meiner langjährigen Arbeit im Bereich Bürgerbeteiligung, Konfliktbearbeitung und -prävention bei Erneuerbare-Energien-Projekten habe ich mich viel mit den unterschiedlichen Möglichkeiten befasst, Menschen in Planungen einzubeziehen. Je nach Situation und Bedürfnissen, sind unterschiedliche Methoden und Formate des Bürgerdialogs sinnvoll. 25 davon habe ich in dieser Methodensammlung beschrieben und anhand von Beispielen – im Erneuerbare-Energien-Bereich – erläutert. Manche „Methoden“ sind eher Formate für den Prozess oder konkrete Veranstaltungen. Andere sind Einzelmethoden, die sich im Rahmen von Veranstaltungen anwenden lassen. Ich benutze den Begriff der Methode daher hier sehr breit und an vielen Stellen synonym mit dem Begriff des Formats.

Viele dieser Methoden lassen sich nicht nur im Kontext von Bürgerbeteiligung, sondern auch im Rahmen von Organisationsentwicklungsprozessen bzw. Mitarbeiterpartizipation einsetzen.

Welche Methode wann die richtige ist, beschreibe ich unten.

Ich wünsche viel Freude beim Stöbern und Entdecken!


Methodenübersicht


Wie wähle ich die richtige Methode?

Im Beteiligungsverfahren die passenden Methoden einzusetzen, ist wichtig. Denn nur so können die Ziele erreicht werden, die mit dem Verfahren angestrebt werden. Noch wichtiger ist jedoch die Haltung der Initiatoren des Verfahrens: Wenn unter dem Deckmantel eines Beteiligungsverfahrens lediglich eine schon gefasste Entscheidung legitimiert werden soll, wird auch das kreativste Format scheitern. Erfolgversprechende Verfahren zeichnen sich also nicht nur dadurch aus, dass das Format zu den Zielen des Verfahrens passt, sondern auch dadurch, dass diese transparent gemacht werden und die verantwortlichen Akteure an einem ernsthaften Dialog mit den Menschen vor Ort interessiert sind.

 

Im Beteiligungsverfahren die passenden Methoden einzusetzen, ist wichtig. Denn nur so können die Ziele erreicht werden, die mit dem Verfahren angestrebt werden. Noch wichtiger ist jedoch die Haltung der Initiatoren des Verfahrens: Wenn unter dem Deckmantel eines Beteiligungsverfahrens lediglich eine schon gefasste Entscheidung legitimiert werden soll, wird auch das kreativste Format scheitern. Erfolgversprechende Verfahren zeichnen sich also nicht nur dadurch aus, dass das Format zu den Zielen des Verfahrens passt, sondern auch dadurch, dass diese transparent gemacht werden und die verantwortlichen Akteure an einem ernsthaften Dialog mit den Menschen vor Ort interessiert sind.

 

Ein gelungenes Beteiligungsverfahren muss stets individuell gestaltet werden. Der lokale Kontext ist einzigartig und bedarf daher einer genauen Analyse und einem abgestimmten Beteiligungskonzept. Auch die einzelnen Methoden müssen auf die Situation und die Zielgruppen zugeschnitten werden. Die Formate werden in der Methodensammlung idealtypisch beschrieben, jedoch zeigt sich schon in den Praxisbeispielen, dass sie jeweils an die lokalen Anforderungen angepasst werden (müssen). Bei aller nötigen Flexibilität sollte allerdings beachtet werden, dass eine allzu starke Veränderung des Formats das Risiko birgt, dass der zentrale Charakter und damit die Vorteile der jeweiligen Methode verloren gehen.

 

Im Folgenden sollen acht Schlüsselfragen beschrieben werden, die für die Auswahl der passenden Methode von Bedeutung sind. Es sind zudem die publizierten Methoden in einer Tabelle mit ihren Merkmalen aufgeführt.


1) Was ist das Ziel der Beteiligung und welche Ergebnisse sollen entstehen?

Ganz zu Anfang sollte die Frage beantwortet werden: Warum sollen die Bürger überhaupt beteiligt werden? Von dieser Antwort hängen die meisten der anderen Fragen ab. Aus ihr lässt sich zunächst der gewünschte Grad der Beteiligung ableiten. Dieser unterteilt sich in drei Stufen: Die unterste Stufe der Information ist an sich keine Beteiligung, da hier die Kommunikation nur in eine Richtung, nämlich von den Initiatoren zu den Teilnehmern verläuft. Sie ist jedoch eine wichtige Grundlage bzw. ein erster Schritt, um mit den Menschen in einen Dialog treten zu können. Denn bevor diese sich beteiligen können, müssen sie zunächst wissen, worum es geht, und die Hintergründe der Planungen kennen. Eine Art der Information ist auch der Erfahrungsaustausch von Veranstaltungsteilnehmern untereinander. So kann zum Beispiel die Möglichkeit geschaffen werden, dass Anwohner eines Erneuerbare-Energien-Projekts von ihren Erfahrungen berichten und sich mit Anwohnern eines geplanten Projekts austauschen. Die zweite Stufe der Konsultation bedeutet, dass die Teilnehmer ihre Meinung äußern und Ideen vorschlagen können, diese jedoch nicht verbindlich in die Planungen aufgenommen werden. Der Entscheidungsträger bestimmt, welche Empfehlungen aufgenommen werden und welche nicht. Dies sollte zu Anfang klar kommuniziert werden. Es muss anschließend genau begründet werden, warum manche Vorschläge nicht berücksichtigt wurden, damit nicht der Eindruck einer Alibiveranstaltung entsteht, deren Ergebnisse danach in einer Schublade verschwinden. Konsultation ist die häufigste Form von Beteiligungsprozessen. Kooperative Formate, die höchste Stufe, zeichnen sich dagegen dadurch aus, dass zusammen verbindliche Ergebnisse erarbeitet werden. Dies ist zum Beispiel bei einem Mediationsverfahren zur Konfliktklärung der Fall. Die Grenze zwischen Konsultation und Kooperation verläuft fließend. In den Beiträgen der Methodensammlung ist daher an einigen Stellen von Mitgestaltung die Rede. In diesen Formaten geht es darum, konsultativ Vorschläge zu erarbeiten, es besteht aber gleichzeitig die Möglichkeit für die Teilnehmer, deren Umsetzung selbst in die Hand zu nehmen.

 

Ein Unterschied besteht zwischen dem Ziel des gesamten Beteiligungsverfahrens und dem Zweck der einzelnen Verfahrensschritte. Denn oft finden in einem Beteiligungsprozess mehrere Veranstaltungen – aufeinander folgend oder auch parallel – statt und es werden unterschiedliche Kommunikationskanäle genutzt. Für jede Beteiligungsphase muss das Format ausgewählt werden, das den Zielen dieses Schrittes entspricht. So kann am Anfang das Ziel sein, zu informieren, bevor zu einem späteren Zeitpunkt die Meinung der Menschen eingeholt werden soll (siehe Frage 7).

 

Zum Ziel des Beteiligungsverfahrens bzw. seiner einzelnen Schritte gehört neben dem Grad der Beteiligung auch die Form der Ergebnisse: Sollen Ideen zu einem Thema, konkrete Vorschläge oder Anmerkungen zu einem Vorhaben gesammelt werden? Oder geht es vielleicht darum, eine Vereinbarung über umstrittene Aspekte auszuarbeiten? Die verschiedenen Formate eignen sich jeweils für die Erarbeitung unterschiedlicher Ergebnisse.


2) Wer und wie viele sollen beteiligt werden?

Wer ist die Zielgruppe des Verfahrens? Sollen alle Interessierten oder nur bestimmte Interessengruppen eingeladen werden? Oder findet eine Zufallsauswahl statt, um besonders vielfältige Meinungen zu hören? Eine Kernunterscheidung liegt zwischen organisierten Interessengruppen, wo sich Menschen in Vereinen, Bürgerinitiativen etc. zusammengeschlossen haben, von den Plänen Betroffene, die aber nicht in Vereinen organisiert sind, und der allgemeinen Bevölkerung. Wichtig ist es, sich in diesem Zusammenhang bewusst zu machen, dass Bürgerinitiativen oft nicht die Mehrheit der Einwohner in ihrem Wirkungsradius vertreten, obwohl viele diesen Anspruch erheben. Generell, auch wenn offen und allgemein eingeladen wird, dürfen die Ergebnisse nicht als repräsentativ aufgefasst werden. Eine Zufallsauswahl kann die Perspektivenvielfalt erhöhen und dafür sorgen, dass Gruppen, die sich sonst seltener beteiligen, stärker repräsentiert sind. Aber auch durch eine solche Zufallsauswahl kann eine wirkliche Repräsentanz im Hinblick auf mehrere Merkmale immer nur annähernd und mit sehr viel Aufwand erreicht werden.

 

Die Formate sollten zudem nach den Kompetenzen der Zielgruppen ausgewählt werden. Handelt es sich um Menschen, die sich schon engagiert eingearbeitet haben und daher auch komplizierte Sachverhalte verstehen können? Oder muss die Informationsgrundlage einfach aufbereitet werden, damit sich auch Personen, die sich bisher nicht mit dem Thema beschäftigt haben, beteiligen können? Sollen auch Jüngere und Berufstätige angesprochen werden, dann bietet sich eventuell die Ergänzung um ein Online-Format an (siehe Frage 8).

 

Eine wichtige Entscheidung betrifft zudem die gewünschte Teilnehmeranzahl. Möchte ich mit einer überschaubaren Gruppe intensiv diskutieren oder sollen möglichst viele Personen eingebunden werden? Beides kann sinnvoll sein. Wichtig für diese Frage ist auch das geschätzte Interesse an dem zu behandelnden Thema. Wenn viele Bürger an einer Mitarbeit interessiert sind, weil dem Thema eine große Relevanz oder Aktualität zugesprochen wird, sollten in der Summe auch mehr Menschen die Chance zur Beteiligung bekommen. Dies heißt jedoch nicht, dass das Verfahren nur aus einer Großveranstaltung bestehen sollte. Großgruppenformate können mit intensiveren, kleineren Workshops kombiniert werden (siehe Frage 8).


3) Sind konkrete Planungen oder ein thematisches Konzept Gegenstand des Verfahrens?

Geht es bei dem Beteiligungsverfahren um ein Klimaschutz- oder Energiekonzept? Oder sollen die Bürger in die Planung von Flächen oder konkreten Standorten für Erneuerbare-Energien-Anlagen eingebunden werden? Dies macht einen großen Unterschied. Konzepte und Strategien sind abstrakter. Daher muss den Menschen deutlich gemacht werden, wie sich diese Festlegungen vor Ort auswirken werden. Es sollte ein Bezug zu ihrem alltäglichen Leben hergestellt werden. Bei konkreten Planungen ist dies offensichtlicher. Die Beteiligungsformate müssen danach ausgewählt werden, ob sie zu diesen Rahmenbedingungen passende Ergebnisse hervorbringen. Bei der Entwicklung von strategischen Konzepten kann oft kreativer gearbeitet werden. Konkrete Projektplanungen unterliegen dagegen gerade im Bereich der Stromerzeugungsanlagen engen Rahmenbedingungen, wodurch der Beteiligungsspielraum von vornherein eingeschränkter ist. Dies führt zur nächsten Frage:

4) Wie groß ist der Beteiligungsspielraum?

Mit dem Beteiligungsspielraum sind die inhaltlichen Grenzen der Beteiligung gemeint. Kann zum Beispiel über das „Ob“ oder nur über das „Wie“ eines Vorhabens diskutiert werden? Oft können nur bestimmte Aspekte zur Diskussion gestellt werden; andere müssen ausgeklammert werden. Im Sinne des Erwartungsmanagements sollte dies zu Anfang klar und deutlich benannt und begründet werden. Wenn zum Beispiel rechtliche Rahmenbedingungen den Beteiligungsspielraum einschränken, sollte dies erläutert werden, damit nicht der Eindruck entsteht, diese Entscheidung sei willkürlich vom Initiator des Beteiligungsverfahren getroffen worden oder dass es sich um eine Scheinpartizipation handelt. Der Beteiligungsspielraum hat großen Einfluss auf die Wahl des Formats: Es macht zum Beispiel wenig Sinn einen kreativen Workshop anzubieten, wenn die Ergebnisse nicht umgesetzt werden können.


5) Wie viele Ressourcen stehen zur Verfügung?

Bei der Planung eines Beteiligungsverfahrens sollte die Ausstattung mit personellen und finanziellen Ressourcen nicht vernachlässigt werden. Der Initiator eines Verfahrens muss nicht immer die finanzierende Einheit sein. So können sich zum Beispiel Kommunen finanzielle Unterstützung von Unternehmen holen, die ein Interesse an den Planungen haben. Die Finanzierung muss jedoch auf jeden Fall transparent gemacht und die Ergebnisoffenheit des Verfahrens sichergestellt werden. Die vorhandenen Ressourcen haben Auswirkungen auf verschiedene Aspekte des Beteiligungsverfahrens. Kann eine Agentur für die Umsetzung der Formate engagiert werden oder müssen die Veranstaltungen mit „Bordmitteln“ organisiert werden? Vor allem anspruchsvolle Formate wie beispielsweise eine Zukunftswerkstatt benötigen eine erfahrene Moderation. Eine externe und neutrale Moderation ist jedoch generell zu empfehlen und bei konfliktreichen Themen dringend anzuraten. Zudem hat die Ausstattung mit Ressourcen Einfluss darauf, aus wie vielen Stufen und Formaten das Verfahren bestehen kann (siehe Frage 8). Soll beispielsweise eine Befragung, ein Bürgerforum und eine umfangreiche Online-Beteiligung stattfinden, sind mehr Ressourcen notwendig als eine einmalige Veranstaltung mit World-Café.


6) Wie konfliktbehaftet ist das Thema?

Gerade bei Themen rund um die Energiewende kann es zu verschärften Konflikten kommen. In diesen Fällen bieten sich Formate wie zum Beispiel ein Runder Tisch oder ein Mediationsverfahren an, um diese Konflikte zu lösen. Auch Informationsmaterial, das die strittigen Punkte erläutert, kann bei der Lösung von Konflikten helfen. Bevor die Konflikte jedoch aufgearbeitet sind, sollten keine Formate genutzt werden, die eine vertrauensvolle Zusammenarbeit der Teilnehmer voraussetzen.


7) Zu welchem Zeitpunkt im Planungs- und Beteiligungsverfahren soll die konkrete Methode eingesetzt werden?

Während ein Beteiligungsprozess möglichst das gesamte Planverfahren begleitet, muss für jeden Verfahrensschritt das passende Format gefunden werden. In vielen Fällen ist dies am Anfang die Information über das Thema, an die ein Dialogformat anschließt, in dem die Inhalte diskutiert werden, und zum Abschluss eine Präsentation der Ergebnisse und der Ausblick darauf, wie sie verwendet werden (als Veranstaltung oder über die zuvor genutzten Informationskanäle). Es können im Hauptteil jedoch auch mehrere Methoden zum Einsatz kommen; dann muss ihre Reihenfolge sorgfältig festgelegt werden (siehe Frage 8). Wenn Konflikte vorhanden sind oder entstehen, müssen diese zunächst geklärt werden, bevor eine konstruktive Diskussion möglich ist (siehe Frage 6).


8) Sollen mehrere Methoden kombiniert werden?

Viele Methoden und Formate können miteinander kombiniert werden. Manche lassen sich sogar innerhalb einer Veranstaltung einsetzen. So kann beispielsweise am Anfang eines Bürgerforums eine kleine Infomesse zu dem Thema stattfinden. Oder im Beteiligungsscoping wird ein World-Café durchgeführt, um Ideen für den Beteiligungsfahrplan zu sammeln. Es muss natürlich darauf geachtet werden, dass die Methoden zueinander passen. Auch wenn die Formate in verschiedenen Veranstaltungen, aber im Rahmen des gleichen Beteiligungsprozesses, angewandt werden, sollte darauf geachtet werden, dass sie aufeinander aufbauen oder sich ergänzen. Wie bei den Online-Formaten beschrieben, bietet es sich zudem an, Präsenzveranstaltungen mit einer Online-Beteiligung zu verknüpfen. Während Online-Formate vor allem jüngere Zielgruppen ansprechen, die internetaffin sind und oft auch aufgrund familiärer Verpflichtungen und Berufstätigkeit nicht zu Präsenzveranstaltungen kommen können, können sie unter anderem ältere Menschen ausschließen. Vorausgesetzt die Ergebnisse werden später sinnvoll zusammengeführt, können sich Präsenz- und Online-Angebote daher gut ergänzen. Während die Kombination unterschiedlicher Formate Vorteile wie eine breitere Ansprache verschiedener Zielgruppen und eine intensive Auseinandersetzung mit den Beiträgen bieten kann, erfordert sie allerdings auch einen höheren Ressourceneinsatz (siehe Frage 5).


Tipps und Hinweise

Beantworten Sie zunächst alle Fragen und fassen Sie die Antworten übersichtlich, zum Beispiel in Form einer Tabelle, zusammen. Diese können Sie dann mit der Übersichtstabelle vergleichen.

 

Je nach Aufwand des geplanten Beteiligungsverfahrens und vorhandenen Ressourcen (siehe Frage 5), sollte eine professionelle Agentur zu Rate gezogen werden. Diese kann auch helfen, passende Formate auszuwählen. Für diese Gespräche ist es ratsam, sich im Vorhinein schon Gedanken zu den oben vorgestellten Schlüsselfragen zu machen.

 

Auch wenn in Artikeln und Büchern zum Thema Bürgerbeteiligung die Begriffe teilweise unterschiedlich eingesetzt werden, werden in der Methodensammlung die Begriffe „Formate“ und „Methoden“ sowie „Prozess“ und „Verfahren“ jeweils synonym verwendet.


Interessante Links und Literatur zur Wahl der richtigen Methode

  • Benighaus, Christina; Wachinger, Gisela; Renn, Ortwin (Hrsg.) (2016): Bürgerbeteiligung: Konzepte und Lösungswege für die Praxis. Frankfurt a. M.: Wolfgang Metzner Verlag.

Klassifizierung der publizierten Methoden

Tabelle siehe folgende Abbildungen

*Das Bürgerbeteiligungsverfahren sollte nach Möglichkeit das gesamte Planverfahren begleiten. Wenn sich die Verfahren unterscheiden, ist hier jedoch der Zeitpunkt während des Beteiligungsverfahrens gemeint.